Steinbruchexegese

… ein freund hat neulich erzählt, daß das geplante verbot der killerspiele deutlich die steinbruchexegetischen gedankengänge der verantwortlichen zeige und zudem das transatlantische verhältnis vom alten europa zur neuen welt belasten könne.

auf meinen fragenden blick erklärte er, daß das werbeprogramm für angehende killer, um im terminus der regierung zu bleiben, der us-amerikanischen streitkräfte sicher unter dieses verbot fallen müsse, denn morde im auftrag des guten seien ebenso morde. da hinter dem spiel aber keine konsum- und verwertungsindustrie stünde, wäre der aufschrei eher verhalten.

„die steinbruchexegese ärgert mich weitaus mehr“, sagte mein freund. ursprünglich aus dem religiösen bereich kommend bezeichne sie eine strategie, sich aus der fülle von aussagen immer nur die herauszubrechen, die den eigenen standpunkt belegten.

so würden die damen und herren, die das killerspielverbot forderten, sich aus der lebenswelt ‚der jugendlichen‘ die aspekte herauspicken, die ihnen in den kram passen.

er geriet kurz in wallung, als er sich über die pauschalisierung von ‚jugendlichen‘ ausließ. eigentlich, so meinte er, sei es ja schon frech, alle jugendlich in einen sack zu stecken und drauf zu hauen. sippenhaft sei abgeschafft und jugendliche machen nun mal häufiger ‚krach, dreck und alles kaputt‘. das aber nun mal so. seit jahrtausenden. schon die alten ägypter sahen in der jugend das ende der welt nahen.

statt sie aber nun sich selbst zu überlasen, oder schlimmer gar dem fernseher mit seinen fragwürdigen bildern von ‚männlichkeit‘, sollte der ansatz ein anderer sein.

„in unserer gesellschaft werden den jungendlichen wichtige dinge aberzogen, nämlich solidarität, die im widerspruch zum kapitalismus steht, mitgefühl und empathie, „wenn jeder an sich denkt ist an alle gedacht“, fügte er zynisch ein, und ganz dramatisch das denken und hinterfragen und damit verbunden das verknüpfen von informationen.

besonders bei letzterem sei er als tutor an der uni öfters verzweifelt. wenn sich zwei meinungen widersprechen, dann verbucht der ‚gemeine student‘ das unter meinungsvielfalt und legt es zu den akten. alle hätten zwar ‚matrix‘ gesehen, aber eine der schlüsselszenen sei völlig in vergessenheit geraten.

„ich meine die szene, in der neo das orakel besucht und der kleine junge ihm einen löffel hinhält. der junge sagt: ‚there is no spoon!‘ und genau das passiert im wirklich leben ständig.“ alle möglichen leute hielten anderen irgendwelche löffel hin, die es gar nicht gäbe, mit denen man aber die steinbruchexegetische suppe auslöffeln solle, die sie einem einbrockten.

er sah auf die uhr. „ich muß gehen.“

„und die steinbruchexegese?“, fragte ich.

„morgen“, vertröstete er mich und ging.

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