Bielefelder Karikaturen

… ein freund hat neulich erzählt, daß die streitereien um die vermeintlichen karikaturen mehr fragen als antworten aufwürfen und viele der antworten keine seien.

auf meinen fragenden blick antwortete er, daß die dinger bereits im september aufgetaucht seien und die sache eigentlich erledigt gewesen sei. da stelle sich schon die frage, warum das zweieinhalb monate später wieder hochgekocht werde.

„die einen sagen, sie wären im internet aufgetaucht, welches nun mehr durch schnellebigkeit als durch wochenlange verschleppung bekannt ist, die tagesschau-chronologie verweist jedoch auf einen nachdruck einer finnischen zeitung zweieinhalb monate später. das erste warum“, sagte er. es hätte weder eine notwendigkeit noch einen anlass gegeben dies zu tun. ganz davon zu schweigen, daß die sogenannten karikaturen des anstoßes im grunde nur sehr plumpe diffamierungen seien, die nicht einmal einen künstlerischen, geschweige denn einen ästhetischen wert hätten, der eine erneute zurschaustellung in der öffentlichkeit rechtfertige. „warum also so eine derart schale suppe nochmals aufwärmen?“

das zweite warum sei die pressefreiheit und die meinungsfreiheit, die plötzlich wieder hoch im kurs stünden, zumindest als lippenbekenntnis, er erinnere an die affäre cicero. selbst innenminister schäuble betone, daß unsere demokratie ohne die pressefreiheit unvorstellbar sei. „hoffentlich erinnert er sich zu gegebener zeit an seine worte“, sagte mein freund.

auch der umgang mit karikaturen sei in der brd weit weniger generös, als es nun plötzlich anklingt. ausgerechnet eine karikatur der ‚du bist brd‘ kampagne sei ein anstoß zu juristischer klärung gewesen. „wie wohl der aufschrei der volksseele ausgesehen hätte, wäre diese karikatur von einer ausländischen minderheit gekommen?“ am rande sei zu erwähnen, daß die macher der kampagne eine eigene vorstellung von presse und meinungsfreiheit haben.

die reaktionen in der islamischen welt würden ebenfalls fragen aufwerfen. wobei weniger daß ‚das‘ als vielmehr das ‚wie‘. die sogenannten karikaturen seien pamphlete, die geeignet seien, nachhaltige verärgerung zu provozieren, es gäbe aber augenscheinlich ein interesse an einer eskalation, nicht nur auf deren seite.

„ich mein‘, gerade war die welt soweit, daß fast alle wieder miteinander reden ohne sich die augen auszukratzen, gewaltandrohungen gehört schon weitgehend in die rethorikkiste und der ganzen welt war klar, daß der iran nur eine chance hat, sich vor amerika zu schützen, wenn sie atomwaffen wie nordkorea, pakistan oder indien haben. und da tauchen genau im rechten moment diese karikaturen auf, um die welt wieder klar in freund und feind unterscheidbar zu machen.“

auch wenn herr hesse-kastein nicht zu unrecht darauf hinweise, daß die gewalttäter zu einer karikatur ihrer selbst werden, man müsse dazu allerdings seinen gravierenden irrtum außer acht lassen, denn die sogenannte karikatur zeige nicht binladen sondern den propheten und der habe anderes gepredigt, gäbe es darüberhinaus endlich wieder eine möglichkeit den latenten ausländerhaß auf beiden seiten zu reaktivieren wie das ein oder andere beispiel zeige.

auch wenn die diskussion einen, wenn nicht sogar den, wunden punkt getroffen habe, dürfe pressefreiheit nicht zur kulturhegomonie umgedeutet werden. viel wichtiger sei der punkt, daß auch meinungsverschiedenheiten ihre grenzen hätten. gewalt und terror seien etwas sehr relatives, aber keinesfalls eine lösung.

„das entscheidende an dieser diskussion ist, welche streitkultur sich durchsetzt“, sagte mein freund. leider sei davon aber nicht viel zu spüren, auf beiden seiten werde wegen verletzter werte rumgejault, zuviele fragen über das warum überhaupt und wohin soll es führen blieben ungeklärt.

„was ist also dein fazit? futter für die bielefelder?“

„nein“, sagte er. „jemand im robin hat es mal schön gesagt: eine optimale verteilung von scheiße erreicht man durch einen kräftigen schlag mit der flachen hand in die mitte des haufens.“

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